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Updated:
Dez. 2009

art-and-art.de

- Das Rencontre Max Lagerbauer contra Heinrich Himmler -
gekürzt

 

- zur Originalversion -

 

[...]

Im ersten Drittel der nationalsozialistischen Herrschaft (1933 bis 1945) war ich als junger Gendameriehauptmann für den Bereich Oberfranken zuständig. Das Gendarmeriekommando Ober- und Mittelfranken befand sich bei der Regierung des Regierungsbezirks Ober/Mittelfranken in Ansbach bei Nürnberg. Den Befehlsbereich Mittelfranken hatte der Gendarmeriemajor Grahamer inne. Unser übergeordneter vorgesetzter Kommandeur war der Gendarmerieoberstleutnant Niedermayer. Dieser unterstand seinerseits dem Landeskommandeur Gend.Oberst (später Generalmajor) Rauner im Bayerischen Innenministerium in München.

[...]

Nun war schon vor meiner Versetzung zum Kommando der Gendarmerie bei der Regierung von Ober- und Mittelfranken in Ansbach das „Dritte Reich“ unter Adolf Hitler ausgebrochen, aber die ganze Bayerische Gendarmerie war immer noch allein rechtsstaatlichem Denken verhaftet, wenngleich die „der Führer“ immer noch, auch öffentlich als Weimarer „System“-Polizei bezeichnete. Er setzte ihr nun – wie der ganzen deutschen Polizei – den Reichsführer der SS als ihren höchsten Chef vor, dessen innigstes Bestreben es nun war, Polizei und Gendarmerie mit seiner SS zu verschmelzen – wie auch die Geheime Staatspolizei und alles weltanschaulich nationalsozialistisch auszurichten.

[...]

Unter dieser Hierarchie nun war ich als junger Gendarmerie-Hauptmann Chef des Befehlsbereichs Oberfranken in Ansbach in der Regierung von Ober- und Mittelfranken – unter dem gemeinsamen Kdr. Oberstltn. Niedermayer. Der Name des Regierungspräsidenten ist mir entfallen.

 In dieser meiner Ansbacher Zeit ereignete sich nun eine aufregende Gaudi, die ich zur Erinnerung an das, was man im Dritten Reich erleben konnte, bzw. musste auf einem eigenen Blatt schildern.

Als das Rencontre des Gend. Hauptmanns Max Lagerbauer mit dem Reichsführer SS und Chef der deutschen Polizei Heinrich Himmler – dem späteren Massen- und  Judenmörder.

 Innerhalb des Befehlsbereichs der Gendarmerie von Oberfranken befand sich eine nicht große Gemeinde mit einem 2 oder dreimännigen Gendarmerieposten. An ihrem Rande befand sich ein SS-Lager (Ausbildungslager.) Eines Nachts randalierten grölend und die Bevölkerung drangsalierender Weise Angehörige dieses Lagers unter Anführung ihres Sturmführers durch den Ort.

Die Einwohner riefen die Gendarmerie um Hilfe und Abhilfe. Auf der Gendarmeriestation befand sich der Postenführer, ein Mann mittleren Alters allein – die anderen Gendarmen waren aus welchen Gründen auch immer, nicht dienstbereit. Der Postenführer schnallte um und begab sich unverzüglich in den Ort, wo die SS-Männer randalierten. Er gebot Ruhe und die nächtliche Ruhestörung zu beenden. Der SS-Haufen reagierte daraufhin damit, dass er erst recht tobend auf den Gendarmen losging und ihn angriff. Dieser, vor der erheblichen Übermacht in Bedrängnis, zog seinen schweren Gendarmeriesäbel und verteidigte sich mit scharfen Hieben, wobei er dem Anführer den Arm abschlug und damit allerdings Ruhe und Ordnung wieder herstellte.

Dieses Vorkommnis muss auf welchem Wege auch immer (wahrscheinlich auf dem SS-Dienstwege) bis nach Berlin in das SS-Hauptamt gelangt sein, worauf sich der Reichsführer SS und Chef der deutschen Polizei auf das äußerste empörte und der Sache persönlich nachging. Er, dem doch die Verschmelzung von Polizei und SS am meisten am Herzen lag.

Unter Übergehung aller Zwischeninstanzen wandte er sich an da Gendarmeriekommando Ober- und Mittelfranken direkt  und befahl den schlagkräftigen Gend.Postenführer sofort zu entlassen. Wie immer überließ der Gend. Kommandeur bei der Regierung für Ober- und Mittelfranken in Ansbach diese oberfränkische Angelegenheit ganz mir, als dem zuständigen Sachbearbeiter. Ich aber meldete sofort nach Berlin, d. h. dem Reichsführer, dass der Gendarm nicht zu entlassen, sondern zu belobigen sei, da er seine Dienstpflicht bestens erfüllt habe.

Es kam neuerddings eine Weisung Himmlers, sein „Befehl“ sei unverzüglich auszuführen, da der Gendarm das Ansehen der SS und ihrer Verbindung zur Polizei außerordentlich geschädigt habe, was alles überwiege!

Ich funkte zurück, nicht der Gendarm, sondern die SS selbst habe in diesem Falle ihrem eigenen Ansehen dadurch sehr geschadet, dass sie die Bevölkerung – die „Volksgenossen“ derart drangsaliert habe (nächtliche Ruhestörung massivster Art) und dann den polizeilichen Ordnungshüter in ihrer Überzahl massiv angegriffen habe. Dieser aber habe nicht nur seiner Pflicht genügt, Ruhe und Ordnung wieder herzustellen, sondern auch in berechtigter „Notwehr“ gehandelt, was ihn nach dem Strafgesetz völlig straffrei mache. Der Gebrauch des Säbels sei zudem durchaus verhältnismäßig gewesen, gegenüber der SS-Übermacht und daher rechtlich nicht zu beanstanden.

Nun kam die Weisung von Berlin, der Sachbearbeiter Hauptmann Lagerbauer und sein Kommandeur Oberstleutnant Niedermayer hätten sich gelegentlich des Reichsparteitages in Nürnberg beim Reichsführer SS und Chef der deutschen Polizei persönlich zu melden. Es folgte Tag und Stunde und Ort (das Hotel in Nürnberg, in dem Himmler während des Reichsparteitages wohnte.) (NB. Dieser Parteitag war damals das größte alljährliche Propagandafest der NSDAP mit riesigen und endlosen Kundgebungen und Aufmärschen vor Hitler. Und Himmler stand oder saß dabei immer neben „dem Führer“ Adolf Hitler, in enger Tuchfühlung mit ihm.)

Als dieser Befehl in der Regierung von Ober/Mittelfranken bekannt wurde, gab dort kein Mensch mehr auch nur einen Pfifferling für unser Leben, wenn wir dabei nicht folgsam dem Himmler unterwerfen würden. War doch das „Führerprinzip“ mit absolutem Gehorsam das oberste Prinzip aller NS-Herrschaft und Himmler dein Fanatiker darin. Jedermann riet uns nachzugeben, um unser Leben zu retten, bzw. derVernichtung in einem KZ (Konzentrationslager) zu entgehen. Ich lehnte das immer wieder ab – auch dem Regierungspräsidenten gegenüber, der wie auch sein leitender Regierungsdirektor von großer Sorge um uns erfüllt war. Niedermayer sagte überhaupt kein Wort mehr.

Die Einfahrt nach Nürnberg war während des Parteitages der NSDAP (Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei) mit Auto streng verboten. Wir hätten natürlich eine Sondergenehmigung bekommen, beantragten diese aber nicht, sondern fuhren mit dem Zuge nach Nürnberg. Als wir in unserem Coupe saßen, sagte ich – um uns und besonders dem Kdr. jeden Rückzug abzuschneiden - :“Wenn wir heute bei Himmler umfallen, sind wir Schweinehunde.“ Dieser Ausspruch war allerdings gegenüber meinem Kommandeur schon sehr ungehörig – ja disziplinlos – aber Niedermayer sagte gar nichts darauf.

In Nürnberg gingen wir zu Fuß in das in der Innenstadt gelegene Hotel Himmlers. Im Vestibül dort, trieb sich eine Menge hochrangiger SS-Führer und Generäle, sowie elegante Damen herum. Man führte uns in den oberen Stock des Hauses in einen größeren Raum, in dessen Mitte ein großer Konferenztisch mit Stühlen herum stand. Auch hier waren schon mehrere SS-Führer in Generalsrang versammelt und einer davon nahm mich zur Seite und stellte sich mir als oberster Reichsrichter der SS und als Jurist vor. Er war ein großer eleganter Mann, sichtlich  gebildet und mir gegenüber verständnisvoll und wohlwollend, also gar kein SS-Rabauke! Er sagte, er wolle mich warnen und riet mir, mein Leben nicht zu riskieren, das ich heute aufs Spiel setzte. Ich solle heute kein Gerechtigkeitsfanatiker sein, sondern ein gehorsamer Gefolgsmann des Führers Adolf Hitler und dessen Reichsführers Heinrich Himmler. Ich wisse doch, zu was Himmler fähig sei, wenn einer gegen das Führerprinzip verstoße und den Befehl verweigere – kurz gesagt, es gehe heute um meinen Kopf – auch habe Himmler nicht so ganz unrecht u. s. w. Ich sagte, nein ich könne nicht anders, selbst, wenn ich wollte – ich könne es einfach nicht, derart gegen mein Gewissen zu handeln und meinen mir anvertrauten Untergebenen fallen zu lassen. Er sagte, er habe mich jedenfalls gewarnt und ließ mich stehen.

Es kam dann Himmler herein, allgemeine Ehrenbezeigung und alles nahm um den runden Tisch herum Platz – Himmler und ich genau uns gegenüber. Er richtete nun an mich das Wort (nicht an Niedermayer) und erklärte mir wiederum seinen Standpunkt und forderte von mir endlich zu gehorchen. Ich sagte wiederum, dass ich das nicht könne und erklärte meinen Standpunkt mit dem Schlusssatz, dass ich diesen seinen Befehl nicht befolgen könne.

Da sprang Himmler vom Stuhle auf und brüllte mich mit großer Lautstärke an: „Aber Herr Hauptmann – was unterstehen Sie sich.“ Möglicherweise sagte er noch was – aber das weiß ich nicht mehr. Dan setzte er sich wieder und stierte mich an. Rundum herrschte Totenstille.

Da begann ich wieder zu sprechen, holte meine mitgebrachten Bücher hervor – die Gendarmeriedienstvorschrift, das Strafgesetzbuch und – ich weiß nicht mehr was alles. Ich sagte, ich wolle ihm meinen Standpunkt mit Recht und Gesetz begründen und las ihm tatsächlich die einschlägigen §§ und Artikel  vor, bezog sie wieder auf die Handlungsweise des Gendarmen und erklärte: Recht müsse Recht bleiben!!

Wider alles Erwaren hatte sich Himmler diese Belehrung schweigend gefallen lassen und starrte mich nur immer an. Dann herrschte wieder Schweigen und auf einmal sagte er: “Also gut! Dann entlassen Sie den Mann nicht. Aber Sie müssen ihn versetzen – ich versetze mein SS-Lager auch.“ Ich sagte sofort, dies könne sehr wohl geschehen und hatte schon was im Kopf. Er fragte, wie sind die Herren nach Nürnberg hereingekommen. Ich sagte mit der Bahn, weil wir keine Sondergenehmigung gehabt hätten, mit dem Auto hereinzufahren.

Er wandte sich an einen seines Stabes und sagte, dieser möge uns mit seinem (Himmlers) Wagen nach Ansbach zurückfahren lassen. Dann ging er hinaus und alles erhob sich. Der oberste SS-Richter kam wieder zu mir und sagte, das sei das reinste Wunder gewesen. Himmler habe es innerlich so gepackt, dass ihm einer so widersprochen habe, denn noch nie sei derartiges vorgekommen und habe ihm den Befehl verweigert und das habe ihn nun umgeworfen. Er gratulierte mir und drückte mir kräftig die Hand.

Wir wurden in einem tollen Auto mit irrsinniger Geschwindigkeit nach Ansbach zurückgefahren und ich sagte zu Niedermayer, „die wollen uns jetzt vielleicht auf diese Weise umbringen.“ N. war immer noch weiß wie eine Kalkwand – ich vielleicht auch?!

Ich erreichte bei ihm sofort, dass der Gendarm versetzt wurde – aber auf eine gerade freie Beförderungsstelle in einem größeren schöneren Ort und er musste das als eine Belohnung für seine Handlungsweise halten. Ja - ob der nun Gend. Kommissär gewordenen Gendarm erfuhr, was ich um ihn gestritten und riskiert hatte  - woass i net. Von mir erfuhr er jedenfalls nichts.

Heute denke ich, ob das SS-Hauptamt in Berlin vielleicht doch auch  meinen Personalakt (in dem Landeskdo. in München) eingesehen hat, denn die Bezeichnung „Gerechtigkeitsfanatiker“ stand schon in einer früheren meiner Qualifikationen eines meiner Landespolizeichefs. [...]

Max Lagerbauer

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